Jono Mc.Cleery in concert am 19. September

Einer der am meisten gelobten Singer-Songwriter Europas ist zu Gast beim Abschluss des diesjährigen Weinheimer Kultursommers

TR. „Wir müssen nicht rennen und uns verstecken – das Leben ist wunderschön!“ So singt Jono McCleery in einem seiner Cover-Songs „Wonderful Life!“ Am Samstag, den 19. September, 20 Uhr ist der Geheimtipp für Insider auf Einladung der Beyond Blue Connection im Weinheimer Kleinen Schlosshof zu Gast. Unser künstlerischer Leiter Alexander Schildhauer hat den Briten mit dem schottischen Namen gerade für „Eighty Days Records“ gewinnen können. Das kleine Berliner Label wurde einst für „Malky“ gegründet. Die Kultband mit Weinheimer Wurzeln.

Mit dem 37jährigen kommt ein ganz besonderer Künstler zu „Kultur von Null auf 100“. So heißt das „Kultursommerle“ jetzt. Jono ist Sänger, Gitarrist, Komponist und Musikproduzent. Üblicherweise bezeichnet man sein Genre als „Singer-Songwriter“. Diese begriffliche Schublade ist inzwischen recht breit und groß geworden. Sie geht von Bob Dylan oder Paul Simon bis zu Rio Reiser und Herbert Grönemeyer. Von Patti Smith über Joni Mitchell, bis Amy Winehouse oder Norah Jones.

Ursprünglich war das Bild eines Singer-Songwriters* ziemlich klar. Jemand singt seine selbst geschriebenen Songs zu einem Instrument. Meist zur Gitarre und vor allem in englischer Sprache. Im 21. Jahrhundert hat sich dieses Profil verändert. Die meisten Titel entstehen in Team-Produktionen. Auch inhaltlich, stilistisch und kompositorisch gilt oft das Motto der Postmodernen. „Anything Goes – Alles ist erlaubt!“ Bei dieser Entwicklung hat sich die Rolle des Singer-Songwriters natürlich auch geändert. Der „politische Prediger“ ist zunächst zum „emotionalen Vorbild“ geworden. Inzwischen hat er oder sie sich zum Popkultur-Einzel-Unternehmer* gewandelt. Oder verwandeln müssen. Wie Emma Garland in ihrem Feature über die britische Szene schreibt.

Jono McCleery´s Kunst ist zu dieser Entwicklung ein Gegenentwurf. Er ist im Londoner Kultur-Milieu groß geworden. Jono lebt heute in Rotterdam; ist aber mit der Hauptstadt der Popkultur aufs Engste vernetzt. Bis zu seinem vierten Lebensjahr war der Junge von der Themse taub. Als 11jähriger greift er zur Gitarre und singt. Und wie! Sehr schnell ist der introvertierte Musiker Teil des lebendigen Londoner „Undergrounds“. Der Gitarrist wird Mitglied des „One Taste Collective“ (OTC). Das 2004 gegründete Projekt ist eine Plattform für junge Musiker* und Poeten* aller Stilrichtungen. Je nach Gusto werden sie von bildenden Künstlern* und Tänzern* unterstützt. Der jungen Community gehören bis zu 200 Akteure* an. Das OTC bringt Talente wie Little Dragon, Jamie Woon, Kate Tempest oder das Portico Quartett hervor. Freunde* mit denen McCleery bis heute zusammenarbeitet. So macht der Singer-Songwriter bei Produktionen wie „Living Fields“ des „Portico Quaretts“ mit. An den Geschmacks-Autobahnen vorbei entsteht ein Netzwerk der innovativen Kultur. Die jungen Kreativen verbinden Jazz, Folk, World Music mit Elektronik. Der FOCUS findet einen Begriff dafür: „Folktronica“. Und sieht in Jono McCleery einen seiner wichtigsten Protagonisten.

2008 ist es dann soweit: „Der Londoner produziert sein erstes Album „Darkest Light“ in Eigenregie. Finanziert wird es von Fans wie Vashti Bunyan oder DJs des BBC Radios. Erste Touren im Vorprogramm von Gil-Scot Heron, Jamie Woon, Bonobo, Fink, oder Little Dragon folgen. Und auch die ersten Labels stehen vor der Tür des Engländers. „Ninja Tune“ macht das Rennen und veröffentlicht 2011 sein Label-Debüt „There Is“. Als Vorabsingle macht bald ein inspiriertes Cover von Blacks „Wonderful Life“ die Runde – naturgemäß läuft die Blogosphäre heiß.“ Berichtet laut.de.

Es folgen weitere Werke, von denen „Pagodes“ (2015) herausragt. Andreas Müller vom Deutschland Funk bezeichnet es als „Geniestreich – als Pop-Platte mit Relevanz!“. Und der „Rolling Stone“ sieht in ihm „ein makellos produziertes Album“. Trotz dieses Lobs entschließt sich nun Jono McCleery den „Erfolgs-Highway“ zu verlassen. Er will auf der „Landstraße“ zu seinen Wurzeln zurückkehren. Im November 2020 erscheint sein neues Album. Völlig frei und selbstbestimmt produziert und gestaltet. Ohne kommerzielle Strategien und Verbeugungen vor Geschmack-Klischees. Der Titel der von „Eighty Days Records“ veröffentlichten Produktion ist „Here I am and There you Are“. Er ist eine Hommage an den 2012 verstorbenen afro-amerikanischen Jazzmusiker Terry Callier. Das Titelbild zeigt einen Kormoran, der sich die Flügel trocknet. Ein gutes Sinnbild für das Oeuvre. Sich säubern, Ballast abwerfen, Kraft für die Weiterreise sammeln. Für den sensiblen Zuhörer grüßt in den Songs leise der Spirit von Nick Drake. Der romantische Mitbegründer des „New Folk“ ist sein großes Vorbild.

Als „ruhigen Vikinger“ hat ein Kritiker Jono einmal bezeichnet. Und „Ruhe“ ist auch ein zentraler Begriff in der Klangästhetik des Musikers von der Insel. „Besinnliche Ruhe – oder Besinnlichkeit“. Mit Betonung auf ’sinnlich‘! Dabei knüpft der Barde mit den rötlichen Haaren an die Tradition der ganz großen Singer-Songwriter an. Wie bei diesen ist sein Auftritt bescheiden und authentisch gehalten. Künstelei oder Show-Gehabe sind ihm fremd. Die gefühlvollen Songs erzählen glaubhaft Geschichten. In ihnen werden sich die meisten der Zuhörer* wiederfinden können. Und Jono McCleery transportiert eine nachdenkliche Haltung gegenüber sich und der Welt. Ein Künstler, den man in Erinnerung behalten wird. Dieser Mann ist ein Seelenstreichler!